Zerschnittene Welt. In der Stadt und auf dem Land

Europäische Literaturtage 2024

7. bis 10. November 2024 in Krems an der Donau

Willkommen zu den Europäischen Literaturtagen 2024!

Ein oft genannter Konflikt unserer Gegenwart ist die Kluft zwischen Stadt und Land. Dieser Konflikt ist mit Bildern von dynamischen, toleranten in der Stadt lebenden Kosmopolit:innen und zumeist alten, zurückbleibenden Landbewohner:innen verbunden. Pulsierendes Zentrum, sterbende Peripherie? Leben wir in einer gleichsam zerschnittenen Welt? Die Europäischen Literaturtage 2024 stellen internationale Autor:innen vor, die vom Leben in der Stadt wie auf dem Land erzählen – von städtischen Ballungsräumen und abgeschiedenen Gegenden, von Smart Cities und Dorfgemeinschaften, von Hiesigen wie von Zugewanderten, von Eigenwilligen wie von Wander:innen zwischen Stadt und Land. Ihre Erzählungen über unterschiedliche Lebensentwürfe und Gemeinschaftsformen führen zur Frage, wie die ebenso innovativen wie konfliktreichen Entwicklungen der Gegenwart das Leben in Zukunft verändern werden.

Eine der vielen Erklärungsversuche für die gegenwärtige politische Kluft zwischen dem städtischen und ländlichen Leben lautet, das Dorf repräsentiere die Verlierer:innen der digitalen Modernisierung und räche sich mit Wissenschaftsskepsis, Irrationalismus und Demokratiefeindlichkeit an der global orientierten Großstadt. Spätestens seit Donald Trumps Präsidentschaft gilt das Dorf als Sinnbild einer reaktionären Revolte, die sich in Wahlergebnissen spiegelt. Etwa beobachtet der Soziologe Lukas Haffert, wie pulsierende Städte gutgebildete, gutverdienende und tolerante Menschen anziehen, und dieser optimistischen Elite eine Landbevölkerung gegenübersteht, die ihre Werte und ihren Besitzstand bedroht sieht und mit dem wirtschaftlichen und kulturellen Wandel unserer Gegenwart hadert. Für Haffert geht es um die Gewinner:innen und Verlierer:innen ökonomischer Modernisierungsprozesse, um die Gewinner:innen und die Verlierer:innen der digitalen Wissensökonomie, hiermit um die Folgen des Übergangs der Industrie- zur Wissensgesellschaft. Stadt und Land entfremden sich. Seit der urbane Lifestyle dominiert, wähnt sich der Landmensch auch kulturell abgehängt. Die ländlichen wie die urbanen Milieus sind dabei zwei Seiten der Dynamik einer immer größer werdenden Polarisierung. Andererseits flüchten nicht nur Menschen vom Land in die Stadt, sondern wandern zunehmend Großstädter:innen aus Kostengründen in kleinere Städte und Dörfer des weiteren Umland der Metropolen ab. Vor allem junge Familien flüchten aus der Stadt, um sich Wohnen und Leben leisten zu können, was wiederum die Urbanisierung ländlicher Regionen zur Folge hat.

Seit dem späten 18. Jahrhundert entwirft die Romanliteratur eine Kulturgeschichte des Stadtlebens wie des Landlebens, der Landflucht wie der Verstädterung, die mit der Industrialisierung einhergeht. Eine Geschichte von Unterdrückung wie der Öffnung, von Erneuerungen wie von Rückschritten, von Emanzipation, Niederwerfung wie von Flucht. Heute ist von der vierten industriellen Revolution die Rede, von der Umgestaltung des Arbeits- wie des Alltagslebens durch digitale, gar intelligente Technologien. Vor diesem Hintergrund stellen die Europäischen Literaturtage 2024 Bücher der Gegenwartsliteratur vor, in denen Stadt und Land, Fortschritt, Rückschritt, Konflikt wie Suche nach neuen Lebensformen eine zentrale Rolle spielen. 

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Wie jedes Jahr laden die Europäischen Literaturtage ein interessiertes Publikum dazu ein, nach Krems an der Donau zu kommen und sich ein Wochenende lang mit Autor:innen und Denker:innen über ein Thema unserer Zeit auszutauschen. Für jene, die nicht nach Krems kommen können, werden die themenbezogenen Lesungen, Vorträge und Dialoge via Livestream auch von Ferne miterlebbar gemacht. Dazu kommen für alle vor Ort in Krems Lesungen, Bücher-Talks und Konzerte im Klangraum Krems Minoritenkirche. Inspiration, Literaturgenuss und die Begegnung mit internationalen Gästen bilden das zentrale Anliegen und Angebot. In Kooperation mit kulturkrems verbindet ein Spaziergang mit anschließender Weinverkostung die Entdeckung von Kulturdenkmälern und Kulinarischem mit der Gelegenheit der Begegnung mit den anwesenden Autor:innen. In Kooperation mit dem Festival Glatt&Verkehrt bietet Worte und Töne hochkarätige Literatur, Musik und Schauspielkunst. Den krönenden Abschluss bildet ein weiteres Mal die sonntägliche literarisch-musikalische Matinee für David Grossman, den diesjährigen Preisträger des Ehrenpreises des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln. 

In Kooperation mit den eljub Europäischen Jugendbegegnungen, dem Jugend Kulturraum Krems und dem Jugendreferat des Landes Niederösterreich findet zudem wieder ein reichhaltiges Lese- und Workshop-Programm in regionalen Schulen statt.

Wir laden Sie herzlich ein, dabei zu sein! 

Walter Grond
Künstlerischer Leiter der Europäischen Literaturtage

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